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Gesund leben

Wohin im Notfall?

Lisa von Prondzinski · 08.04.2020


In den Notfallambulanzen soll die Wartezeit verkürzt werden. Foto: KVNO

Arztrufzentrale ist erster Ansprechpartner

Doch wie kann die Situation verbessert werden? Zum einen sollen die Menschen besser über die Zuständigkeiten in der Notfallversorgung informiert werden. Zum anderen diskutieren Experten bundesweit deren bessere Koordination. Die zen-trale Frage: Wie können mehr Patienten von niedergelassenen Ärzten statt in der Notfallambulanz einer Klinik behandelt werden? Wie in Frankfurt und Berlin werden auch hier Lösungen gesucht. In Köln erproben seit gut einem Jahr die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) und der Rettungsdienst gemeinsam die „Komplementäre Notfallversorgung“. Ein Ziel ist es, den Rettungsdienst tagsüber zu entlasten und unnötige Transporte in die Krankenhäuser zu vermeiden. Hilfesuchende sollen zuerst zum Telefon greifen, bevor sie ein Krankenhaus aufsuchen.

Partnerpraxen

Niedergelassene Ärzte erklären sich bereit, kurzfristig leichtere Fälle zu behandeln.

Notdienstpraxen

Praxen niedergelassener Ärzte, die auch außerhalb der üblichen Sprechzeiten behandeln. Manchmal befindet sich die Praxis in einem Krankenhaus.

Portalpraxen

Notdienstpraxen, die räumlich und organisatorisch mit der Notfallambulanz eines Krankenhauses verknüpft sind

Doch was bedeutet das für hilfesuchende Anrufer? Wenn jemand mit Beschwerden die „112“, also den Rettungsdienst, anruft, macht sich am anderen Ende der Leitung eine geschulte Kraft ein Bild über seinen Zustand und die Dringlichkeit. Dazu werden standardisierte Fragen gestellt. Wenn jemand Schmerzen in der Brust oder Atemnot hat, also möglicherweise lebensbedrohliche Beschwerden, ist er bei der 112 genau richtig, ein Rettungswagen wird losgeschickt. Liegt nichts Lebensbedrohliches vor, wird er direkt zur Arztrufzentrale durchgestellt. Eigentlich sollte jemand mit Beschwerden dort selber anrufen. Sie ist unter 11 6 11 7 erreichbar. Das Problem: Die Nummer ist wenig bekannt. Dabei ist sie inzwischen auch rund um die Uhran sieben Tage die Woche freigeschaltet.

Die Arztrufzentrale kümmert sich dann bei Bedarf um eine sofortige Behandlung – auch tagsüber. Dazu wurden sogenannte Partnerpraxen ins Boot geholt. Das sind Arztpraxen, die tagsüber in dringenden Fällen kurzfristig auch neue Patienten aufnehmen. „Eine Terminvereinbarung dort dauert für uns manchmal nur 15 Minuten und der Patient wird noch am selben Tag behandelt“, erzählt Jürgen Zastrow, Vorsitzender der KV-Kreisstelle in Köln. „Schneller geht es häufig auch im Krankenhaus nicht“, ergänzt er. Derzeit gibt es in Köln 35 solcher Partnerpraxen. Zu nicht mobilen Patienten kommt bei Bedarf der Haus- oder Bereitschaftsarzt nach Hause. Es kann aber auch sein, dass die Arztrufzentrale entscheidet: „Mit Ihren Beschwerden können Sie bis morgen warten.“

Lesen Sie den Kommentar von Oberbürgermeisterin Henriette Reker zur Notfallversorgung in Köln

Weniger Notdienstpraxen

Zur Umstrukturierung der ärztlichen Notversorgung gehört auch die Schließung von Notdienstpraxen der niedergelassenen Ärzte. Inzwischen ist ihre Zahl auf sieben geschrumpft, also fast halbiert worden. So machten Anfang 2019 die Notdienstpraxen in Mülheim und Chorweiler die Türen dicht. Die verbliebenen sind an bestimmte Krankenhäuser angegliedert. Folge: Wer in Chorweiler wohnt, muss nun das weiter entfernte Heilig-Geist-Krankenhaus in Longerich aufsuchen. Die Mülheimer müssen nach Kalk ins Evangelische Krankenhaus. Die Schließungen sind umstritten und führten zu Protesten, aber Unterschriften der Anwohner, Bezirksvertreter und Politiker konnten nichts ausrichten.

Auch der Klinische Direktor der städtischen Kliniken, Prof. Dr. Horst Kierdorf, hält sieben Notdienstpraxen für ganz Köln für „absolut zu wenig“. Zudem sei der rechtsrheinische Teil medizinisch unterversorgt, weil es dort nur zwei gibt. Der Vertreter der KV, Zastrow, ist da anderer Meinung: „So viele Notdienstpraxen wie Köln hat keine andere Stadt, Düsseldorf hat zum Beispiel nur eine. “Künftig sollen die verbliebenen Notdienstpraxen mit den Krankenhäusern zusammenarbeiten und als sogenannte Portalpraxen einen zentralen Empfang erhalten. Alle Patienten sollen zu dieser Anlaufstelle gelenkt werden: dem „Tresen“. Im Kern nichts andere sals die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn geforderten Integrierten Notfallzentren (INZ). Dort entscheidet eine Fachkraft, wo behandelt wird: mit einem offenen Bruch im Krankenhaus und mit Fieber und Schnupfen eher bei dem dort tätigen ambulanten KV-Arzt. Portalpraxen soll es in Köln wie in ganz NRW bis Ende 2022 flächendeckend geben.

Inwieweit es gelingt, Patienten zu steuern – oder ketzerisch gesagt „umzuerziehen“ –, um die Notfallversorgung in den Griff zu bekommen, ist eine offene Frage. Doch ein „Weiter so“ funktioniert nicht mehr. Änderungen treten zwar nur langsam ein, aber Feuerwehr und KV sind zufrieden mit ihrer Kooperation. Endgültige Ergebnisse bleiben abzuwarten.

NOTDIENSTPRAXEN in Köln

Einheitliche Öffnungszeiten:

Montag, Dienstag, Donnerstag: 19 bis 24 Uhr
Mittwoch und Freitag: 13 bis 24 Uhr
Samstag, Sonntag, Feiertage: 7 bis 24 Uhr

Rechtsrheinisch:

Notdienstpraxis Porz am Krankenhaus
Porz am Rhein
Urbacher Weg 19
51149 Köln

Notdienstpraxis Köln-Ost am Evangelischen Krankenhaus Kalk
Buchforststr. 2
51103 Köln

Linksrheinisch:

Notdienstpraxis am St. Antonius-Krankenhaus Bayenthal
Schillerstr. 23
50968 Köln

Notdienstpraxis an der Uniklinik in Lindenthal
Joseph-Stelzmann-Str. 24
50931 Köln

Notdienstpraxis Köln-Nord-West am St. Franziskus-Hospital in Ehrenfeld
Schönsteinstr. 63
50825 Köln

Notdienstpraxis am Heilig-Geist-Krankenhaus in Longerich
Graseggerstr. 105
50737 Köln
Nur am Wochenende:
Fr 13 bis 24 Uhr
Sa, So, Feiertage 7 bis 24 Uhr

Notdienstpraxis Köln-Nord am St. Vinzenz-Hospital in Nippes
Kempener Str. 88b
50733 Köln
Hier weitere Infos und Praxissuche im Bereitschaftsdienst: www.116117.de

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Tags: ärztliche Notdienste Köln , Ärztliche Versorgung Köln

Kategorien: Gesund leben , Gesundheit