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Raus aus Köln

Unterwegs mit dem Wohnmobil

dk · 28.08.2018

Meist sind die Stellplätze sehr einfach und zweckmäßig ausgestattet, da Wohnmobile alles Notwendige an Bord haben. Foto: Lydia Schneider-Benjamin

Meist sind die Stellplätze sehr einfach und zweckmäßig ausgestattet, da Wohnmobile alles Notwendige an Bord haben. Foto: Lydia Schneider-Benjamin

Frei und unabhängig sein – das wünschen sich viele Menschen. Das Reisen mit dem Wohnmobil scheint diesen Traum zu erfüllen und wird immer beliebter. Aber wie sieht die Realität aus? KölnerLeben hat zwei Wohnmobil-Fans getroffen – natürlich auf dem Campingplatz

Der Rhein schlängelt sich am Loreleyfelsen vorbei, die Sonne glitzert auf dem Wasser, sanft gleiten Ausflugsdampfer und hin und wieder auch ein Containerschiff flussabwärts. Es ist ein herrlicher Tag auf dem Campingplatz „Loreleyblick“ in St. Goar. Dagmar (66) und Hans (69) Rehnitz sitzen an einem Tisch vor ihrem Wohnmobil und trinken Kaffee. „Ist das nicht herrlich hier?“, fragt Dagmar und deutet auf die Umgebung. Die beiden Kölner sind seit vielen Jahren überzeugte Wohnmobil-Urlauber und verbringen ruhige Tage auf dem weitläufigen Platz am Mittelrhein. Auf der Wiese am Fluss stehen heute nur einzelne Wagen.

„Jetzt bin ich frei!“

„Ursprünglich wollte ich ein Boot kaufen“, erzählt Hans Rehnitz. Sein Job als Projektleiter im Tiefbau sei sehr anstrengend gewesen. Beim Segeln in Holland habe er sofort entspannen können. Das habe er sich für die Zeit nach dem Job gut vorstellen können. Optisch würde das zur kräftigen Statur des Mannes, zu seinem Oberlippenbart, den weißen, längeren Haaren und der hellblauen Mütze passen. „Aber Dagmar war nicht überzeugt“, sagt er. Als Bekannte mit ihrem Wohnmobil an die Mosel fuhren und vorschlugen, die beiden einfach mal mitzunehmen, habe Hans sich darauf eingelassen. „Aber vorsichtshalber habe ich den Pkw mitgenommen“, sagt er und lächelt verschmitzt, „damit ich wieder abhauen kann, wenn mir das nicht gefällt“. Er habe sich erst etwas gesträubt, für ihn galten Wohnmobil-Urlauber immer als „fahrendes Volk“. Den Pkw brauchte er dann nicht, im Gegenteil: Es habe ihm sofort gefallen, mit dem Wohnmobil unterwegs zu sein.

Dagmar Rehnitz bringt das Gefühl auf den Punkt: „Ich habe gedacht: Jetzt bin ich frei!“ Hans pflichtet ihr bei: „Wir sind unabhängig. Das ist das Beste am Wohnmobil.“ Erst waren sie nur an den Wochenenden und im Urlaub mit dem Caravan unterwegs. Seit sie im Ruhestand sind, deutlich häufiger, im Schnitt etwa 100 Tage pro Jahr. „Und vor allem: wann immer wir wollen“, sagt sie. Und es gefällt ihnen auch, dass auf dem Campingplatz keiner komisch gucke, wenn man mal einen Fleck auf dem Hemd hat.

Heute tragen die beiden legere Kleidung, sie einen grauen Jogginganzug, er Jeans und Fleece-Jacke. Dass es nicht mehr so wichtig sei, was man wann anzieht, dass man aufstehen kann, wann man will – das sei eine Freiheit, die sie sehr zu schätzen wüssten. „Im Job hatte ich lange genug jemanden, der einem sagt, was man tun soll. Das wollte ich einfach nicht mehr“, erzählt Hans Rehnitz.

Einfamilienhaus für unterwegs

Diese Unabhängigkeit wissen in Deutschland offenbar viele zu schätzen. Etwa zwei Millionen Menschen sind jedes Jahr mit dem Wohnmobil oder mit einem Campinganhänger unterwegs. Nach Angaben des Caravaning- Industrieverbands Deutschland (CIVD) wurden 2017 mehr als 63.000 Reisemobile neu zugelassen. Zum Caravan Salon in Düsseldorf, der größten Messe der Branche, seien mehr als 230.000 Besucher gekommen, um sich rund ums Wohnmobil zu informieren. Das Spektrum an Fahrzeugen, Ausstattung und Zubehör ist sehr breit gefächert, so auch die Preisspanne: Kleinere Modelle sind für etwa 30.000 Euro zu haben, nach oben gibt es kaum Grenzen. In manche Caravans passt gar ein kleines Auto hinein, mit dem man vor Ort flexibel ist.

„Billig war das nicht“, sagt Hans Rehnitz und nickt in Richtung seines Wohnmobils, ab 230.000 Euro gehe es in dieser Luxusklasse los. Mancherorts gibt es dafür ein Einfamilienhaus oder eine Eigentumswohnung. Begeistert zählt er einige technische Daten auf: Ihr Caravan ist fast 10 Meter lang, knapp 4 Meter hoch und 7,5 Tonnen schwer. Dafür ist die Führerscheinklasse C1 nötig. Der Spritverbrauch von etwa 15 Litern pro 100 Kilometern sei vergleichsweise günstig, andere Modelle würden bis zu 30 Liter verbrauchen. Steuern und Versicherung schlügen mit etwa 1.500 Euro pro Jahr zu Buche. Die Platzgebühren lägen im Schnitt zwischen 10 und 20 Euro pro Nacht. Billig sei der Urlaub im Wohnmobil also nicht. Hans Rehnitz ergänzt: „Der Komfort ist mir das Geld wert, und ich brauche den Platz. Mit meinen 1,93 bin ich ja nicht gerade klein.“ Und in der Tat: Wer das Gefährt betritt, fühlt sich keineswegs beengt. Es gibt zwei große Betten, eine Küche, jede Menge Stauraum, Dusche, WC, eine Sitzecke und zwei Fernseher mit Satellitenanlage auf dem Dach. „Die haben wir uns gegönnt“, sagt Dagmar bei der Führung durchs Mobil. So könne jeder schauen, was er wolle, da gebe es keinen Streit. Aber den gebe es sowieso nicht, bestätigen die beiden. Nach fast vierzig Jahren Ehe seien sie ein eingespieltes Team.

Tags: Ausflug , Natur

Kategorien: Raus aus Köln